Dass der Widerstand in breiten Teilen der Velberter Bevölkerung gegenüber dem geplanten Industriegebiet an der Langenbergerstraße wächst, spürt man offensichtlich auch im Rathaus. Mehr als 230 „Stellungnahmen“ (de facto handelt es sich um Einwände und Widersprüche), liegen bereits gegen das Mamutprojekt vor. Mit einer Charme-Offensive und reichlich medialer Unterstützung durch eine unkritische WAZ-Lokalredaktion Velbert wird nun versucht, die ökologischen und wirtschaftlichen Folgen schönzureden (siehe WAZ vom 17.05.2019, Ausgabe Velbert). Von der großflächigen Verwüstung des bislang landwirtschaftlich genutzten Areals soll etwa durch die partielle Begrünung von Dächern und einen kleinen Grünstreifen abgelenkt werden.
„Der Charakter des projektierten Gewerbegebietes, so der Bürgermeister, werde gegenüber der Röbbeck ein völlig anderer sein und es soll ökologisch einen höheren Wert haben. Vorgesehen seien mehr Grün entlang der Straßen, Fußwege, begrünte Dächer und Gehölzinseln“, heißt es in der WAZ vom 17.05.2019, Ausgabe Velbert.
Quasi in einem Nebensatz wurde bekannt, dass auf Grund der Einwände der Bürger*Innen die Ausweisung als Industriegebiet aus Lärmschutzgründen nicht zulässig ist. „Jetzt muss das ganze Gebiet als Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Deshalb muss der Bebauungsplanentwurf noch einmal in die sogenannte Offenlage. Was ist wohl noch alles falsch geplant? Der unsichere Untergrund wurde auch in der letzen Woche noch einmal untersucht. Welche Änderung kommt als nächstes?“, fragt sich Dr. Esther Kanschat, Fraktionsvorsitzende Bündnis90/Die Grünen in Velbert. Die erneute Zustimmung der politischen Gremien soll nun in einer öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 10. Juli 2019 (voraussichtlich um 17:00 Uhr im Ratssaal) erfolgen. Dann kommen der Bezirksausschuss Mitte, der Umwelt- und Planungsausschuss und der Wirtschaftsförderungsausschuss gemeinsam zusammen. Damit dürften auch die Schwergewichte der Velberter Lokalpolitik anwesend sein.
Über Geld wird erst gar nicht so konkret gesprochen, eine genaue Planung dazu gebe es nicht. So heißt es in der WAZ: „Es gebe keine Schätzungen der Stadt, die über die bisherige TBV-Kalkulation – 8,6 Millionen Euro für Straßen und 10,5 fürs Kanalnetz – hinausgingen.“ Die unklare Finanzplanung kann man nur als Schlag ins Gesicht der Velberter Steuer- und Abgabenzahler sehen. Hier wird wieder ein Bauprojekt avisiert, ohne sich vor Beginn über die finanziellen Auswirkungen klar zu sein. Zudem werden städtische Kosten auf die Technischen Betrieb Velbert verlagert. Wenn es um das „Denkmal“ für die Herren Bolz und Lukrafka geht, scheint Geld keine Rolle zu spielen.
Übrigens: Auch die städtischen Expansionspläne konnten die Firma R & M de Witt nicht in Velbert halten, die erst vor einigen Jahren nach Velbert umgezogen ist. Liegt es also wirklich an dem angeblichen Mangel an Gewerbeflächen, wie vom Bürgermeister mantramäßig erklärt? Auch die 30 mutmaßlichen Interessenten für eine Ansiedlung sind noch längst keine Investoren, geschweige denn nennenswerte Arbeitgeber. Nichts gegen Gewerbe oder moderne Industriebetriebe in Velbert, aber bitte erst einmal die vorhandenen Leerstände angehen und dort Baugebiete schaffen, wo es sinnvoll ist. Dazu eignen sich etwa ehemals bebaute oder belastete Areale besser, als (landwirtschaftlich) genutzte Grünflächen. Dann klappt es auch mit der Gewerbesteuer ebenso, wie mit der ökologischen Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung des Wirtschaftsstandorts Velbert.
Es bleibt also dabei: Alles wird gewohnt schöngeredet! Berechtigte Argumente gegen diesen Bauwahn werden nicht ernst genommen oder verharmlost. Am Ende bleibt aber die Hoffnung, dass die Kritiker dieser Landschaftsverwüstung (allen voran die Bürgerinitiative Große Feld) und politische Widersacher doch erfolgreich sein werden. Vielleicht gibt es noch eine wechselnde Mehrheit gegen das Industriegebiet. Aussichtsreichster Wackelkandidat der Velbert GroKo (CDU, SPD, Velbert anders) ist die SPD. So war deren Jugendorganisation Jusos ebenfalls Teilnehmer der Gegendemo. Die Jungen haben in der SPD zwar (noch) nicht das Sagen, aber zumindest die größere Weitsicht.
Quelle der oben genannten Aussagen des Bürgermeisters: WAZ vom 17.05.2019, Ausgabe Velbert (Bezahlinhalt)
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